12.07.2014 - Münchner Abendzeitung AZ

"Grüßen macht Glücklich"

Manieren sind nicht nur eine Frage der Erziehung, sondern auch des Wohlbefindens sagt ein Knigge-Coach - und erklärt eine alte Streitfrage ums Niesen.

Beim Ausflug im Wald im kreuzen sich die Wege zweier einsamer Wanderer. Die Blicke senken sich, man geht grußlos aneinander vorbei. „So was geht gar nicht“, sagt Thomas Martin Köppl. „Grüßen ist das Wichtigste.“ Der Benimmcoach ist Mitglied der deutschen Knigge-Gesellschaft. Sich benehmen zu können, sei im Berufsalltag unabdingbar. Und es macht glücklich: „Schauen Sie sich doch gerade ältere Leute auf dem Land an, wie Sie ihr Gesicht zum Strahlen bringen, nur mit einem einfachen ‚Grüß Gott‘ “.


AZ: Wer kann sich nach Ihrer Erfahrung besser benehmen, Kinder oder Erwachsene? 

THOMAS M. KÖPPL: Pauschal kann man das nicht sagen. Es macht sich auf jeden Fall bemerkbar, wenn jemand von Zuhause eine gewisse Erziehung mitbekommen hat. Dann wissen die Kinder zum Beispiel, wie man das Besteck richtig hält.


Wo haben Sie selbst Tischmanieren gelernt? 

 Die Anfänge auf alle Fälle daheim. Meine Mutter hat sehr viel Wert auf Tischsitten gelegt. „Iss daheim wie im Restaurant, dann kannst du im Restaurant essen wie daheim“, war ihr Spruch. Vernünftig am Tisch zu sitzen und mit Messer und Gabel umgehen zu können, gehörte für sie zu den Grundtugenden. Auch das Grüßen gehörte in unserer Familie von klein auf einfach dazu. Grüßen ist freundlich und tut nicht weh. Gerade auf dem Land merkt man, wie ältere Leute plötzlich übers ganze Gesicht strahlen, wenn man sie grüßt.


Stichwort „auf dem Land“. In der Stadt ist das Grüßen Unbekannter unüblich, wenn nicht sogar völlig daneben, oder?

Natürlich kann man in München auf dem Stachus nicht jeden grüßen. Aber zumindest, wenn man einen Raum betritt, oder wenn einem eine größere Gruppe begegnet, die vielleicht sogar Blickkontakt aufnimmt, sollte man grüßen. Ein „Guten Morgen“ oder „Grüß Gott“ tut nicht weh.


Was gehört zu den typischen Vergehen gegen den guten Ton? 

Das fängt beim Grüßen an und reicht bis zu hygienischen Dingen. Man sollte zum Beispiel nicht in die rechte Hand husten. Immerhin ist das die Hand, die man zur Begrüßung reicht. Ich bringe Kindern bei, auf den linken Handrücken zu husten. Denn den braucht man eigentlich nie.


Viele scheinen das nicht zu wissen. 

Das stimmt. Auch in Sachen „guter Ton“ gibt es immer wieder Neuerungen. Ein ziemliches Hin und Her gab es zum Beispiel beim Thema Niesen im Büro. Früher sagte man Gesundheit. Dann sollte man plötzlich nichts mehr sagen, während sich der Nieser entschuldigen musste. Seit 2008 ist die Regelung endlich klar: Man wünscht Gesundheit nach dem Niesen, außer, man ist bei Veranstaltungen, bei denen es ruhig zu geht, zum Beispiel in der Kirche, beim Vortrag oder beim Konzert. Dann ignoriert man das Niesen. Der Nieser kann sich – aber nur ganz dezent – entschuldigen.


Woher kennen Sie diese Regeln, wie halten Sie sich auf dem Laufenden?

Ich bin Mitglied der deutschen Knigge-Gesellschaft, und dort informiere ich mich auch. Es gibt einen Kniggerat. Er trifft sich mehrmals im Jahr und diskutiert, welche Verhaltensweisen angemessen sind oder was geändert werden muss. Auch neue Aspekte werden aufgenommen, etwa das Thema Privatsphäre in sozialen Netzwerken.


Wie vermitteln Sie gutes Benehmen?

In der Grundschule beispielsweise geht es darum, möglichst spielerisch zu arbeiten, um die Kinder bei der Stange zu halten. Ich habe zum Beispiel ein Spiel entwickelt, den „Benimmrun“, bei dem man würfelt, um dann entweder auf einem Fragefeld, einem Aktionsfeld oder einem Bonusfeld zu landen. Bei den Aktionsfeldern werden praktische Sachen gemacht, zum Beispiel einen Flieger basteln. Dabei zeigt sich, wer wem hilft; auch das gehört zum guten Benehmen. In höheren Klassen geht es etwa um das Verhalten im Restaurant, um Mobbing oder ums Bewerbungsgespräch.


Auch Tischmanieren gehören zu Ihrem Coaching an Schulen. Wie vermitteln Sie den Umgangmit Messer und Gabel? 

Ich habe für jedes Kind ein eigenes Besteck dabei, und dann kündige ich Schnitzel mit Erbsen an. Das führt meistens zum vielfachen Aufschrei „Ich mag aber keine Erbsen!“ Umso fröhlicher werden die Kinder, wenn sie entdecken, dass das Übungsschnitzel eine Schaumwaffel und die Übungserbsen Puffreis sind. Da macht es dann auch Spaß, Messer und Gabel korrekt zu halten.


Interview: Patrizia Burgmayer


Thomas Martin Köppl (28) lebt im Landkreis Regen im Bayerischen Wald. Er ist gelernter Restaurantfachmann, staatlich zugelassener Ausbilder (AdA), Motivationstrainer, Bewerbungstrainer, Dozent und Ausbilder in der Gastronomie. Schulen, Firmen und Vereine aus ganz Deutschland buchen ihn als Coach. Internet: www.der-benimmcoach. de